Erinnerst Du Dich noch an die kleinen Wäscheknöpfe an Omis Bettwäsche oder an die spitzenbesetzten Wäschestücke aus der Truhe auf dem Dachboden? Das Hemdchen mit den vielen kleinen weißen Knöpfchen...
Vom Hungerleider zum Fashionstar
Zwirnknöpfe werden aus textilen Garnen und Zwirnen um Metallringe gewickelt und vernäht. Die Technik des Zwirnknopfwickelns ist schon fast 400 Jahre alt und wurde im ländlichen Raum in Heimarbeit ausgeführt. Das war eine anstrengende Arbeit, die oft Kinder mit ihren geschickten kleinen Händen machen mussten. So konnten sie zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Die ersten Zwirnknöpfe wurden in Böhmen und Mähren hergestellt. Von dort aus verbreitete sich das Handwerk nach Sachsen, ins österreichische Waldviertel, nach bayerisch Schwaben, Hessen und Thüringen und in die Regionen der heutigen Niederlande.
Im 18. Jahrhundert spielten Zwirnknöpfe eine bedeutende Rolle bei der Ausstattung der Festtagsgewänder auf dem Land. Vor allem an historischen Trachten der Männer findet man aufwändige Zwirn- und Posamentenknöpfe. Es entwickelten sich regionale Muster und Vorschriften für den Einsatz der Farben und Formen.
Mit der Verwendung in der höfischen Bekleidungs-kultur des Adels und im Bürgertum der Städte stiegen
die textilen Knöpfe in der gesellschaftlichen Hierarchie auf. Jetzt trug man prächtige Zwirn- und Posamentenknöpfe standesgemäß aus edlen Garnen, wie Seide und setzte Glanzpunkte
mit Silber- oder Goldfäden.
Posamentenknöpfe auf Europatournee
In England und Frankreich entwickelte sich zeitgleich das Handwerk das Posamentenmachers. Als Posamenten [franz.: passement] bezeichnet man textile Besätze wie Borten, Quasten oder Fransen,
aber auch Posamentenknöpfe (Kreuzknopf, Rokokoknopf).
Diese sind aus textilen Materialien gearbeitet. Daraus entwickelte sich ein eigener Beruf, der des Posamentenknopfmachers. Während des 17. Jahrhunderts brachten Hugenotten neben der
Seiden-strumpfweberei auch das Posamentierhandwerk in meine Stadt Erlangen. Und damit auch die kunstvollen Posamentenknöpfe. Die Hand-werker organisierten sich in
Deutschland und Österreich in Zünften, die auf die Wahrung der Qualität und Tradition achteten.
In der Versenkung verschwunden
Durch die Industrialisierung und das Aufkommen eines neuen
Materials für die Knopfherstellung, dem Metall, geriet der gewickelte textile Knopf aus der Mode und beinahe ganz in Vergessenheit. Nun präsentierte der Bauernstand
seinen Status in Form von silbernen Knöpfen (meist umgearbeiteten Geldstücken) an Westen, Jacken und Kleidern. Und an Alltagskleidung konnte billig hergestellte Manufakturware
verwendet werden. Der Knopfindustrie erschlossen sich nun mit der Vielfalt an neuen Materialien, Technologien und Farben und dem daraus resultierenden Formenreichtum ganz neue
Möglichkeiten. Aber das ist eine andere Geschichte...
Furioses Comeback
Mittlerweile hat sich das Blatt erneut gewendet. Der Wunsch nach Individualität, wertiger Handwerkskunst und ein gewachsenes ökologisches Bewußtsein lassen den Zwirnknopf wieder in neuem Licht erstrahlen. Zwirnknopfbegeisterte gibt es wieder überall in Europa. Und sogar in Japan schätzt man die minimalistische Ästhetik der textilen Knöpfe.
Ich freue mich, dieses faszinierende historische Handwerk des Zwirnknopfmachens wieder zu beleben, modern zu interpretieren und heute er„lebbar" zu machen.
Handgemachter textiler Schmuck aus Zwirnknöpfen und Posamentenknöpfen.